Nimm dir einen Moment... und lasse diesen Satz einmal sinken...
„Verbindung- unsere tiefste Sehnsucht und unsere größte Angst“.
Vielleicht gibt es einen Teil in dir, der damit gleich in Resonanz geht? Oder aber eine Stimme des Widerstandes meldet sich, und denkt: „Ich und Angst?!“ Eventuell kennst du aber auch bereits diese Ambivalenz in dir? Immer wieder begegnet uns dieses ‚Core- Dilemma’ in der Arbeit mit NARM. NARM ist ein psychodynamischer und körperorientierter Ansatz für die Behandlung von Entwicklungstrauma und steht für neuroaffektives Beziehungsmodell. Es beinhaltet das gleichzeitige Arbeiten auf der körperlichen und der psychologischen Ebene des menschlichen Seins, und ermöglicht eine bedeutsame Perspektivenerweiterung mit tiefgründigen Implikationen für die Arbeit mit Beziehungs-, Entwicklungs- und Bindungstrauma.
Wodurch kann ein Bindungs- oder Entwicklungstrauma entstehen?
Die Ursachen sind vielfältig. Im Vordergrund stehen Bindungsdynamiken in der Kindheit (manchmal auch noch im späteren oder sogar Erwachsenenalter), die geprägt sind von Gewalt, emotionalen Missbrauch, oder Vernachlässigung. Ein biologisches Grundbedürfnis der Menschen ist die Beziehung zu anderen Menschen. Wir brauchen einander um uns geborgen, dazugehörig und sicher zu fühlen. Als Neugeborenes z.B. sind wir sogar ganz besonders auf die Nähe und Zugewandtheit der Mutter angewiesen,da das Nervensystem noch nicht entsprechend ausgebildet ist, und wir uns nicht selber beruhigen (regulieren) können. Eine Mutter, die z.B. an Wochenbettdepression leidet und keine Kapazität hat, sich dem Säugling emotional voll zuzuwenden, also nicht richtig 'da' ist, kann in dieser Situation das Grundbedürfnis der Nähe und Einstimmung, vielleicht auch der Nahrungsaufnahme durch Stillen nicht bedienen. Durch den fehlenden Kontakt und das nicht Berücksichtigen der Grundbedürfnisse kann die Entwicklung eines stabilen NS negativ beeinträchtigt werden. Es kann z.B. zu einer so genanten Shut- Down Reaktion führen, ein Abschalten und Unterdrücken von Bedürfnissen, da 'gelernt' wurde, dass Schreien (das Einfordern von Bedürfnissen) vielleicht nicht zielführend war und nur die Resignation blieb.
Von Geburt an (genau genommen auch schon im Uterus), bis wir irgendwann auf eigenen Beinen stehen, sind wir abhängig von unseren Eltern (oder anderen Bezugspersonen), die uns versorgen, emotional wie materiell. Die perfekte Kindheit haben die wenigsten erlebt; aus verschiedensten Gründen wie z.B. Krankheit, Sucht- wie aggressives Verhalten, ständiges Bewerten oder Erniedrigen, rigidem Erziehungsstil bis hin zum Liebesentzug, zu ungünstigen bis schwerwiegenden Dynamiken innerhalb des familiären Umfelds kommen. Unabhängig davon wie ungesund oder auch bedrohlich der Kontakt zu unseren Bezugspersonen auch gewesen sein mag, versuchen wir als Säugling wie auch als Kind die Bindung aufrecht zu erhalten, da diese für uns lebensnotwendig ist. Wir tun tatsächlich erstmal alles um die Situation auszuhalten und den Kontakt nicht zu gefährden. Wenn erforderlich, werden wir vielleicht ganz taub, spalten uns ab von unserem Körper, unseren Gefühlen und Bedürfnissen. Um die emotionalen oder körperlichen Sticheleien oder gar Verletzungen nicht mehr ertragen zu müssen, verbringen wir einen Teil unserer Kindheit vielleicht in einer Dissoziation. Strategien oder Rollen werden uns zuteil, wie z.B. das liebe kleine Mädchen von Papa, obwohl sexualisierte Gewalt an der Tagesordnung steht. Eine Verzerrung unseres Selbst entsteht, da wir schnell lernen, welche Verhaltensweisen uns dienen die notwendige Aufmerksamkeit und Liebe zu erfahren, koste es was es wolle. Ohne diese Anpassungsfähigkeit oder auch Überlebensstrategien hätten wir es nicht ausgehalten. Dieses als Erwachsener dann wirklich zu begreifen, und vor allem auch ANZUERKENNEN, dass es damals der einzige Weg war, eröffnet eine ganz neue Denkweise und einen anderen Umgang mit Gefühlen wie z.B. Schuld und Scham. Diese Erkenntnis nun auf unsere heutigen Ängste und Projektionen, die wir evt. mit Nähe oder Bindung haben, übersetzen zu können ist ein weiterer wichtiger Schritt. Das Verständnis darüber, dass es richtig und wichtig war damals, aber dass wir heute, als eigenständiger Erwachsener, auf ganz andere Handlungskompetenzen zurückgreifen und damit diese Muster oder Dynamiken verändern können, wird neu erlernt. Es ist weniger ein kognitives Verstehen (das haben wir oft schon), sondern eine Veränderung auch auf körperlicher Ebene, es wird sozusagen verkörpert (Embodiment). Erst dann sind wir in der Regel in der Lage, unsere alten Muster und Strategien abzulegen, und etwas Neues zu erlauben. Diese Momente der Erkenntnis sind der Schlüssel in ein selbstbestimmtes Leben und oft sehr bewegend. In NARM fördern wir die Selbstwirksamkeit sowie die Verbindung mit unserem Selbst, den Gefühlen, dem Körper und der eigenen Lebendigkeit. Haben wir die Verbindung zu uns und unseren Bedürfnissen, oder auch unseren Grenzen wieder hergestellt, können wir nun beginnen diese auch im Außen neu gestalten.
"Your task is not to seek for love, but merely find all the barriers within yourself that you have built against it." (Rumi)
Bist du neugierig auf die Arbeit mit NARM geworden und möchtest mehr darüber wissen? Gerne beantworte ich deine Fragen! Derzeit biete ich Sitzungen via Zoom oder in meiner Praxis in Berlin Neukölln an.
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